Hand hält eine Karte, auf der "Chance" steht.

Seit Juni 2024 gibt es die Chancenkarte nach §20a, b AufenthG. Qualifizierte Arbeitskräfte haben damit die Möglichkeit, einen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche zu bekommen. Dafür müssen sie einige Voraussetzungen erfüllen. Welche das sind und weitere Informationen erhalten Sie hier.

Was muss ich wissen?
Was ist die Chancenkarte?

Die Chancenkarte (nach § 20 a, b AufenthG) ist eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte oder qualifizierte Kräfte. Zusätzlich zur beruflichen Qualifikation werden Punkte für verschiedene Kriterien, wie z.B. Sprachkenntnisse, Berufserfahrung oder Alter vergeben. Um die Chancenkarte zu bekommen, müssen Sie mindestens sechs Punkte erreichen. Die Chancenkarte dient ausschließlich der Arbeitsplatzsuche und kann bereits vom Ausland aus beantragt werden. Sie kann aber auch als Überbrückung dienen: wenn Sie bereits in Deutschland gearbeitet haben und mit Verlust des Jobs auch Ihren bisherigen Aufenthalt verlieren. 

Daher wird sie auch nur für einen kurzen Zeitraum von bis zu einem Jahr erteilt. Unter strengen Voraussetzungen besteht eine Verlängerungsmöglichkeit um bis zu 2 Jahre. 

Der Vorteil liegt hier darin, dass Sie kein konkretes Jobangebot vor der Einreise vorweisen müssen, sondern auch ohne einen Job zu haben eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Ein Nachteil ist vor allem die Verpflichtung, alleine den Lebensunterhalt zu sichern. Und Sie dürfen während der Jobsuche nur 20 Stunden pro Woche arbeiten.

Bitte beachten Sie: Bei der Chancenkarte handelt es sich nicht um den Chancenaufenthalt nach §104 c AufenthG. Weitere Informationen dazu erhalten Sie im Kapitel Chancen-Aufenthaltsrecht.

Welche Voraussetzungen brauche ich, um die Chancenkarte zu bekommen?

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Chancenkarte zu bekommen: 

  • Drittstaatsangehörige, die als „Fachkräfte“ nach § 18 Abs. 3 AufenthG gelten, können die Chancenkarte ohne besondere zusätzliche Voraussetzungen erhalten. Um als Fachkraft zu gelten, müssen Sie nachweisen, dass Ihre ausländischen Qualifikationen bzw. Hochschulabschlüsse in Deutschland gleichwertig sind. 

  • Wenn Sie keine „Fachkraft“ sind, müssen Sie entweder einfache deutsche (A1 GER) oder englische Sprachkenntnisse (B2 GER) nachweisen, mindestens sechs Punkte im Punktesystem erreichen UND eines der folgenden Kriterien erfüllen: 

- Sie besitzen einen ausländischen Hochschulabschluss oder

- Sie besitzen einen Berufsabschluss, der mindestens zwei Jahre gedauert hat und eine Anerkennung aus dem Land, in dem Sie Ihre Ausbildung absolviert haben. 

- Oder Sie besitzen einen Berufsabschluss, der von einer deutschen Auslandshandelskammer erteilt wurde. 

Bitte beachten Sie: Sie müssen sich von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) bestätigen lassen, dass Ihre ausländische Berufsqualifikation mindestens zwei Jahre gedauert hat. Die Kosten für dieses Verfahren müssen Sie selber übernehmen. Die ZAB muss Ihnen außerdem bestätigen, dass Ihre Berufsqualifikation bzw. Ihr Hochschulabschluss in dem Land, in dem Sie Ihre Berufsqualifikation bzw. Ihren Hochschulabschluss absolviert haben, staatlich anerkannt ist (§ 20a Abs. 4 Satz 5 AufenthG-E).

Mit dem „Self-Check: Chancenkarte“ von „Make-it-in-Germany“ können Sie durch das Ausfüllen Ihrer persönlichen Informationen selbst herausfinden, ob Sie die Voraussetzungen für die Chancenkarte erfüllen.

Welche weiteren Kriterien muss ich erfüllen, um Punkte für die Chancenkarte zu sammeln?

Wenn Sie keine Fachkraft sind, aber die Voraussetzungen erfüllen, können Sie Punkte sammeln, um die Chancenkarte zu bekommen. Für unterschiedliche Kriterien erhalten Sie eine bestimmte Punktzahl. Um die Chancenkarte zu erhalten, müssen mindestens sechs Punkte erreicht werden. Diese Kriterien werden für die Vergabe von Punkten berücksichtigt:

  • Anerkennung der Qualifikationen in Deutschland
  • Sprachkenntnisse
  • Berufserfahrung
  • Alter
  • Deutschlandbezug bzw. Aufenthaltszeiten in Deutschland
  • das Potenzial der mitziehenden Lebens- oder Ehepartner*innen 

Gut zu wissen: Die Chancenkarte hat für alle ihre Besitzer die gleichen Funktionen und Rechte und hängt nicht von der erreichten Punktzahl ab. Ihre Punktzahl wird auch nicht auf der Chancenkarte vermerkt.

Wie werden die Punkte verteilt?

Vier Punkte 

  • gibt es für die Anerkennung oder Teilanerkennung für einen ausländischen Berufsabschluss, (eine Nachqualifizierung ist unter Umständen möglich) 
    oder
  • für die Erlaubnis, einen reglementierten Beruf auszuüben (z.B. Erzieher*in, Krankenpfleger*in oder Ingenieur*in)

------

Drei Punkte 

  • gibt es, wenn Sie mindestens fünf Jahre Berufserfahrung (in den letzten sieben Jahren) und zuvor in Ihrem Herkunftsland eine zweijährige Berufsausbildung abgeschlossen haben
    oder 
  • gute deutsche Sprachkenntnisse (B2 GER) haben.

------
Zwei Punkte 

  • gibt es für ausreichende deutsche Sprachkenntnisse (B1 GER) 
    oder 
  • für zweijährige Berufserfahrung in den letzten fünf Jahren, wenn Sie vorher eine Berufsausbildung abgeschlossen haben  
    oder 
  • für Personen, die nicht älter als 35 Jahre alt sind.

------

Einen Punkt 

  • gibt es für hinreichende deutsche Sprachkenntnisse (A2 GER)
    oder
  • wenn Sie in den letzten fünf Jahren mindestens sechs Monate in Deutschland waren, (nicht als Tourist*in)
    oder 
  • wenn Sie zwischen 35 und 40 Jahren alt sind 
    oder 
  • wenn Sie sehr gute Englisch-Kenntnisse haben (C1 GER) 
    oder 
  • wenn Ihre Qualifikation zu einem Engpassberuf gehört 

    (Gut zu wissen: Welche Berufe das sind, finden Sie auf der Seite 34 in diesem Dokument. Beachten Sie, dass nur die Berufe mit den Nummern: 132, 133, 134, 21, 221, 222, 225, 226, 23 oder 25 zu diesen speziellen Berufen gehören.)

    oder 
  • wenn Ihr*e Partner*in die Voraussetzungen für die Chancenkarte erfüllt und sie den Antrag auf die Chancenkarte gemeinsam stellen.

Wichtig: Auch wenn Sie sechs Punkte erreicht haben, kann es sein, dass Sie kein Einreisevisum bekommen. Denn die Entscheidung darüber, ob Sie ein Einreisevisum bekommen, treffen die jeweiligen Konsulate.
 

Für wie lange kann ich die Chancenkarte bekommen?

Die Chancenkarte können Sie zunächst für bis zu einem Jahr bekommen. Dazu ist es notwendig, dass Sie in dieser Zeit Ihren Lebensunterhalt sichern können. 

Wie kann ich meinen Lebensunterhalt sichern, während ich auf Jobsuche bin?

Mit der Chancenkarte können Sie während Ihres Aufenthalts in Deutschland für die Dauer von zwei Wochen zur Probe arbeiten. Die Probebeschäftigung muss qualifiziert und ausbildungsorientiert sein. Sie haben auch die Möglichkeit eine Nebenbeschäftigung im Umfang von 20 Stunden in der Woche auszuüben. Damit können Sie Ihren Lebensunterhalt sichern. Eine andere Möglichkeit ist auch ein sog. Sperrkonto. Auf dem Sperrkonto müssen mindestens 1.027 Euro, für jeden Monat, den Sie mit der Chancenkarte zur Arbeitssuche in Deutschland verbringen, verfügbar sein. Dieses Geld bleibt bis zu Ihrer Ankunft in Deutschland auf dem Konto gesperrt. Eine weitere Besonderheit des Sperrkontos ist, dass Sie nicht unbegrenzt Geld abheben oder überweisen können. Sie dürfen maximal 1.027 Euro pro Monat abheben, es sei denn, Sie haben mehr als den geforderten Mindestbetrag eingezahlt. 
Falls Sie selbst nicht genügend Geld haben, kann eine dritte Person eine sogenannte Verpflichtungserklärung für Sie abgeben. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Kapitel "Verpflichtungserklärung für ein Nationales Visum".

Kann der Aufenthalt mit der Chancenkarte verlängert werden?

Wenn Sie nach einem Jahr keinen Erwerbstitel (§§ 1821 Abs. 4 AufenthG) bekommen, kann der Aufenthalt unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem verlängert werden. Sie brauchen dafür ein Angebot für eine qualifizierte Beschäftigung, die von der Bundesagentur für Arbeit zugestimmt wird. Dann kann Ihnen eine Folge-Chancenkarte um maximal weitere zwei Jahre verlängert werden. Sie sollen in dieser Zeit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels für Fachkräfte (nach §§ 18 ff. AufenthG) nachholen, zum Beispiel Berufserfahrung sammeln. Die Folge-Chancenkarte kann nicht verlängert werden. Während der Folge-Chancenzeit dürfen Sie dann nur die Arbeit machen, die auf Ihrer Arbeitserlaubnis steht. Das heißt, dass Sie keine Teilzeitbeschäftigung in einer anderen Beschäftigung aufnehmen (§ 20a Abs. 5 S. 5 AufenthG) dürfen.

Wichtig: Wenn Sie eine Chancenkarte bekommen haben, können Sie nach dem Ablauf ihrer Gültigkeit nicht direkt in die Niederlassungserlaubnis wechseln. Um eine Niederlassungserlaubnis beantragen zu können, müssen Sie zunächst in eine andere Aufenthaltserlaubnis wechseln. Die Jahre, in denen Sie eine Chancenkarte hatten, werden aber bei den benötigten Voraufenthaltszeiten einer Niederlassungserlaubnis mitgerechnet (§ 20a Abs. 6 AufenthG-Entwurf). Voraufenthaltszeiten sind die Zeiten, in denen Sie sich vorher in Deutschland aufgehalten haben. 

Gut zu wissen: Nach der maximalen Verlängerung der Chancenkarte können Sie eine neue Chancenkarte erst nach einer bestimmten Frist beantragen.
Es muss zwischen dem Ablauf der alten Chancenkarte und der Beantragung einer neuen Chancenkarte mindestens die Dauer der alten Chancenkarte liegen. Das heißt, der Zeitraum dazwischen muss mindestens so lange sein, wie die Zeit, in der Sie die alte Chancenkarte hatten. In dieser Zeit müssen Sie einen anderen Aufenthaltstitel besessen oder sich im Ausland aufgehalten haben.

Kann ich mit einer Chancenkarte meine Familie nachholen?

Familienzusammenführung ist bei Erfüllung der generellen Voraussetzungen möglich. Zu den Voraussetzungen zählt die Sicherung vom Lebensunterhalt, ausreichend Wohnraum und ggf. Sprachkenntnisse (A1 bei Ehepartner*innen, C1 bei Kindern über 16 Jahre). Mehr Infos finden Sie auf unserer Themenseite Familienzusammenführung

Es ist möglich, dass Sie gemeinsam mit Ihr*er Ehepartner*in eine Chancenkarte beantragen. Dafür gibt es sogar einen Punkt. Im Abschnitt „Welche weiteren Kriterien muss ich erfüllen, um Punkte für die Chancenkarte zu sammeln?“ erfahren Sie mehr über das Punktesystem.
Wenn Ihr*e Ehepartner*in nicht in der Lage ist, gleichzeitig mit Ihnen eine Chancenkarte zu beantragen, ist die Familienzusammenführung für Besitzer*innen einer Chancenkarte nicht einfach. Eine wichtige Voraussetzung für Sie ist, dass Ihre Aufenthaltserlaubnis zum Zeitpunkt der Beantragung des Visums zur Familienzusammenführung durch Ihren Ehepartner*in mindestens ein Jahr gültig ist (§ 30 Abs. 1 e) AufenthG). Da die Chancenkarte zuerst nur ein Jahr Gültigkeit hat, kann es bei der Familienzusammenführung zu Schwierigkeiten kommen.
Es kann sein, dass Sie die hohen Voraussetzungen für Familienzusammenführung erst erfüllen können, wenn Sie ein konkretes Arbeitsplatzangebot haben, das von der Agentur für Arbeit bestätigt wurde und Sie damit entweder eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte (nach §18a oder §18b AufenthG), Blaue Karte (nach §18g AufenthG) , Ausbildung (nach §16a AufenthG), Anerkennung Ihrer Berufsqualifikationen (nach §16d AufenthG), oder eine „Folge-Chancenkarte“ erhalten. Dafür gelten die generellen Voraussetzungen für den Familiennachzug. Mehr darüber erfahren Sie auf unsere Themenseite zur „Familienzusammenführung“.