Alle Menschen in Deutschland haben ein Recht auf eine medizinische Grundversorgung. Der Umfang der Ihnen zustehenden Gesundheitsversorgung und der Zugang zu medizinischer Behandlung sind aber von Ihrem Status und der Dauer Ihres Aufenthalts in Deutschland abhängig.
Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis sind in der Regel reguläre Mitglieder einer Krankenkasse und haben somit Anspruch auf alle regulären Leistungen Ihrer Krankenkasse. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unserem Kapitel „Krankenversicherung“.
Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen werden auch gemäß dem AsylbLG gesundheitlich versorgt. Das bedeutet, dass der Umfang an medizinischen Leistungen für sie zum Teil eingeschränkt ist und der Zugang zur medizinischen Versorgung meist über die zuständigen Behörden läuft. Wenn Sie sich noch im Asylverfahren befinden oder eine Duldung oder eine Grenzübertrittsbescheinigung haben, gehören Sie zu dieser Gruppe. Bei dieser Gruppe wird zwischen zwei Szenarien unterschieden: 1. Personen, die seit weniger als 36 Monaten in Deutschland sind und 2. Personen, die bereits seit mehr als 36 Monaten in Deutschland sind.
Bitte beachten Sie: Durch eine Neuregelung des Asylbewerber-Leistungsgesetz im Februar 2024 wurde die Wartezeit von 18 Monaten auf 36 Monate erhöht. Für die Personen, die bis zur Neuregelung schon seit 18 Monaten in Deutschland waren, gilt aber der sogenannte Bestandsschutz. Das heißt, Sie müssen nicht 36 Monate warten. Sie können die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bekommen.
Asylbewerber*innen und Menschen mit Duldung, die sich seit weniger als 36 Monaten in Deutschland aufhalten, haben lediglich Anspruch auf eine gesundheitliche Notversorgung. Das bedeutet, dass sie nur bei akuten Erkrankungen medizinisch versorgt werden. Die Behandlung chronischer Erkrankungen wird meist nicht übernommen. Ausnahmen gelten für schwangere Frauen, die Zugang zu allen bei Schwangerschaft und Geburt in Deutschland üblichen medizinischen Leistungen haben. Zudem besteht für alle Personen die Möglichkeit sich impfen zu lassen.
Wenn Sie seit weniger als 36 Monaten in Deutschland sind, müssen Sie in der Regel vor jedem Arztbesuch einen Krankenschein bei der zuständigen Behörde beantragen. Das bedeutet konkret, dass Sie entweder alle drei Monate einige Krankenscheine von Ihrer Erstaufnahmeeinrichtung oder Ihren Sachbearbeiter*innen im Sozialamt bekommen oder Sie bei einer Erkrankung zunächst einen Krankenschein bei Ihrer Erstaufnahmeeinrichtung oder Ihren Sachbearbeiter*innen abholen müssen, bevor Sie in die Arztpraxis gehen können. Beachten Sie bitte, dass diese Krankenscheine nur drei Monate lang gültig sind. Nach Ablauf dieser drei Monate, müssen Sie sich einen neuen Krankenschein besorgen.
Anstelle des bürokratisch aufwendigen Systems mit den Krankenscheinen verteilen einzelne Bundesländer / Kommunen sogenannte Gesundheitskarten an Asylbewerber*innen und Geduldete. Mit dieser Gesundheitskarte können Sie ohne den Umweg über die Behörde direkt in die Arztpraxis gehen. Aber auch hier gilt weiterhin: Sie haben lediglich Anspruch auf eine Notfallbehandlung. Der Vorteil der Gesundheitskarte ist lediglich ein geringerer bürokratischer Aufwand für alle Beteiligten.
Die Medikamente, die die Ärzt*innen Ihnen verschreiben, müssen Sie normalerweise selbst bei einer Apotheke abholen. Die Apotheke dürfen Sie selbst wählen. In der Regel müssen Sie für Ihre Medikamente nicht bezahlen, sondern nur Ihr Rezept in der Apotheke abgeben. Die Apotheke holt sich das Geld dann vom Sozialamt zurück. Eine Apotheke in Ihrer Nähe finden Sie auf aponet.de.
Sie können in bestimmten Fällen auch Physiotherapie oder Hilfsmittel wie z. B. Orthesen bekommen. Diesen muss aber vorher das Sozialamt zustimmen. Auch wenn ein Krankenhausaufenthalt notwendig ist, muss das Sozialamt den vorher genehmigen. Das gilt allerdings nicht bei einem Notfall.
Asylbewerber*innen und Menschen mit Duldung, die sich bereits mehr als 36 Monate in Deutschland aufhalten oder Personen mit Bestandsschutz, erhalten deutschlandweit eine sogenannte „Gesundheitskarte für Flüchtlinge“. Hiermit haben Sie ohne den Umweg über die zuständige Behörde Zugang zu medizinischer Versorgung. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, haben Sie - abgesehen von Leistungen der Pflegeversicherung - Anspruch auf die regulären gesundheitlichen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Es fallen nun auch die gesetzlichen Zuzahlungen für bestimmte Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung an. Sie sind aber kein Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, sondern stehen lediglich in einer Art Betreuungsverhältnis zu ihr. Die Krankenkasse holt sich das Geld anschließend von den Behörden zurück. Von welcher gesetzlichen Krankenkasse Sie betreut werden, dürfen Sie selbst bestimmen. Welche gesetzlichen Krankenkassen es gibt und auf welche Leistungen Sie Anspruch haben, erfahren Sie in unserem Kapitel „Krankenversicherung“. Die Anmeldung erledigt die Behörde für Sie.
Bitte beachten Sie: Die „Gesundheitskarte für Flüchtlinge“ sieht genauso aus wie eine normale Krankenversicherungskarte – bis auf einen Unterschied: Auf der Rückseite der Gesundheitskarte für Flüchtlinge ist keine Europäische Krankenversichertenkarte (EHIC) abgebildet. Die Daten, die auf der Gesundheitskarte für Flüchtlinge gespeichert sind unterscheiden sich außerdem von den Daten der regulär Versicherten. Die Gesundheitskarte für Flüchtlinge beinhaltet nämlich ein spezielles Kennzeichen. Daran können die Ärzt*innen erkennen, dass die Besitzer*innen der Karte keine regulären Mitglieder der Krankenkasse sind.
Nach Ihrer Ankunft in Deutschland werden Sie zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht. Dort findet in der Regel eine medizinische Voruntersuchung statt und akute Erkrankungen werden auch sofort behandelt. Wenn Sie sich krank fühlen, sprechen Sie gleich eine*n Mitarbeiter*in vor Ort an.
Später können Sie zu allen Ärzt*innen gehen, die nicht nur Privatpatienten behandeln. Einige Ärzt*innen behandeln nur Patient*innen, die bei einer privaten Krankenversicherung Mitglied sind. Diese Patient*innen bezahlen die Arztkosten direkt beim Arzt. Da Sie selbst nicht privatversichert sind, müssen Sie also Ärzt*innen suchen, die auch oder nur „Kassenpatient*innen“ behandeln.
Eine Arztpraxis in Ihrer Nähe können Sie auf der Website der Bundesärztekammer suchen. Wenn Sie zuerst auf Ihr Bundesland und dann auf „Erweiterte Suche“ klicken, können Sie dort auch nach Ärzt*innen suchen, die Ihre Sprache sprechen. Wenn Sie keine Ärzt*innen finden, die Ihre Sprache sprechen, können Sie eine*n Dolmetscher*in mitbringen. Wenn Sie keine*n Dolmetscher*in kennen, können Sie die Mitarbeiter*innen in Ihrer Unterkunft oder eine Beratungsstelle um Hilfe bitten. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie z.B. auf der Website der Landesflüchtlingsräte.
Im Internet gibt es außerdem einen Basiswortschatz für die erste Kontaktaufnahme, damit Sie den Ärzt*innen sagen können welche Symptome Sie haben. Körperteile und gängige Krankheiten sind auch aufgeführt. Außerdem gibt es im Netz einen praktischen Fragebogen mit den wichtigsten Informationen beim Arztbesuch in mehreren Sprachen.
Asylbewerber*innen und Menschen mit Duldung können die Übernahme von Therapiekosten beim Sozialamt beantragen. Lassen Sie sich hierzu von einem Sozialarbeiter in Ihrer Unterkunft oder einer Beratungsstelle helfen. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie z.B. auf der Website der Landesflüchtlingsräte. Wird der Antrag nicht sofort abgelehnt, findet eine Begutachtung und Einschätzung durch vom Sozialamt beauftragte Ärzt*innen statt. Entsprechende Anträge werden allerdings oft abgelehnt, weil die Behörden Therapien für Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus nicht bezahlen wollen. Aus diesem Grund gibt es für Personen, deren psychiatrische Behandlung nicht bezahlt wird, kostenfreie Therapieplätze über spezielle Behandlungszentren für Geflüchtete. Es ist aber sehr schwierig einen Platz in einem dieser Behandlungszentren zu bekommen, weil es zu wenige davon gibt. Die Adressen dieser Behandlungszentren finden Sie auf der Website der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer.
Auch wenn Sie sich ohne Papiere in Deutschland aufhalten, haben Sie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz grundsätzlich Anspruch auf eine medizinische Versorgung bei akuten Erkrankungen. Um diese Versorgung wahrnehmen zu können, müssen Sie aber vorab einen Krankenschein beim Sozialamt holen. Ohne Krankenschein können die Ärzt*innen Sie nicht behandeln. Das Sozialamt wird dann aber auch die Ausländerbehörde über Ihren Aufenthalt informieren.
Es gibt aber einige Organisationen, die Menschen ohne Papiere anonym ärztlich behandeln. Die Hilfe bei diesen Organisationen ist kostenlos. Ihr Aufenthalt wird nicht an das Sozialamt oder die Ausländerbehörde weitergeleitet. Auf der Website gesundheit-ein-menschenrecht.de können Sie nach einer solchen Organisation in Ihrer Nähe suchen. Außerdem können Sie auch auf der Website der Malteser und der Medibüros nach anonymer ärztlicher Hilfe in Ihrer Nähe suchen.
Bitte beachten Sie: Krankenhäuser dürfen Ihre Daten nicht an andere Menschen oder Behörden weitergeben. Haben Sie also keine Angst davor IM NOTFALL ein Krankenhaus aufzusuchen oder den Notarzt zu rufen
In akuten medizinischen Notfallsituationen, können Sie den Rettungsdienst auf Deutsch unter der Nummer 112 erreichen. Der Anruf ist kostenlos. Sie können sich außerdem an die Notaufnahme in jedem Krankenhaus wenden. Es kann passieren, dass Sie in der Notaufnahme lange warten müssen.
Wenn eine Person Vergiftungserscheinungen zeigt, können Sie auf kindergesundheit-info.de nach einer Giftnotrufzentrale in Ihrer Nähe suchen. Die Giftnotrufzentralen sind Tag und Nacht erreichbar.
Wenn Sie außerhalb der normalen Öffnungszeiten Medikamente kaufen wollen, müssen Sie zu einer sogenannten "Notapotheke" gehen. Auf aponet.de können Sie die nächstgelegene Notapotheke suchen.
Ärzt*innen dürfen ohne Ihre Zustimmung keine Informationen über Sie an andere Menschen oder Behörden weitergeben. Das nennt man ärztliche Schweigepflicht.
Hier finden Sie mehrsprachige Informationen zu Gesundheitsthemen und Sexualität.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat einen mehrsprachigen Ratgeber zum Thema Gesundheit für Asylsuchende erstellt.
Hier finden Sie einen ausführlichen Ratgeber zum deutschen Gesundheitssystem.
Das Bundesministerium für Gesundheit bietet Informationen zu verschiedenen Gesundheitsthemen in bis zu 40 Sprachen an.
Wo bekomme ich Medikamente, was kosten sie und was bedeutet "rezeptpflichtig"? Antworten dazu finden sie in diesen Flyern in 12 Sprache.