Mit einem Praktikum können Sie erste Berufserfahrungen sammeln und Ihre Jobchancen erhöhen. In vielen Schulen und Universitäten sind Praktika während des Studiums sogar Pflicht. Sie können aber natürlich auch jederzeit freiwillig ein Praktikum absolvieren. Hier erfahren Sie, welche Rechte Sie als Praktikant*in haben, was Sie beachten müssen und warum ein Praktikum nützlich ist.
Ein Praktikum ist eine zeitlich beschränkte praktische Tätigkeit in einem Unternehmen oder einer Organisation, die dazu dient in einen Beruf hinein zu schnuppern und erste Erfahrungen in einer Branche zu sammeln. Ein Praktikum wird meist während der Schulzeit, während des Studiums oder kurz vor dem Berufseinstieg absolviert.
Üblicherweise wird zwischen einem Schülerpraktikum, einem Pflichtpraktikum im Studium und einem freiwilligen Praktikum unterschieden.
Ein Schülerpraktikum wird – je nach Schulart – meist zwischen der achten und elften Klasse absolviert. Es ist im Lehrplan festgeschrieben, d.h. es ist üblicherweise nicht freiwillig, sondern muss von allen Schülern absolviert werden. Ein Schülerpraktikum dauert meistens ein bis zwei Wochen und dient der Berufsorientierung.
Ein Pflichtpraktikum während des Studiums ist in vielen Studiengängen vorgeschrieben. Zum Teil muss man dieses sogar schon vor dem Beginn des Studiums absolvieren. Ablauf und Dauer eines Pflichtpraktikums sind in der Studienordnung geregelt. Ein Praktikum während des Studiums dient der Berufsorientierung und dazu erste Berufserfahrungen zu sammeln.
Ein freiwilliges Praktikum kann jeder machen, der Berufserfahrungen sammeln oder ein Unternehmen erstmal kennenlernen will. Ein freiwilliges Praktikum dauert in der Regel zwischen zwei Wochen und einigen Monaten.
Ein Praktikum kann Ihnen Einblicke in verschiedene Berufsfelder oder Unternehmen geben und Ihnen so helfen, sich für einen Beruf zu entscheiden oder wichtige Kontakte zu einem bestimmten Unternehmen zu knüpfen. Das kann Ihnen bei einer späteren Bewerbung bei diesem Unternehmen helfen. Durch ein Praktikum haben Sie aber auch generell bessere Chancen bei zukünftigen Bewerbungen, weil die Arbeitgeber sehen, dass Sie bereits erste Berufserfahrungen sammeln konnten. Wenn Sie aktuell arbeitslos sind, können gezielte Praktika Ihnen auch helfen, Lücken in Ihrem Lebenslauf zu schließen und neue Erfahrungen zu sammeln. Außerdem zeigen Sie Ihre Motivation und Ihren Willen einen Arbeitsplatz finden zu wollen.
Ein Schülerpraktikum oder Pflichtpraktikum dürfen alle Menschen – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – machen. Wenn es sich um ein freiwilliges Praktikum handelt, kommt es auf Ihren Aufenthaltsstatus an. In diesem Fall brauchen Sie einen Aufenthaltstitel, der Ihnen erlaubt zu arbeiten.
Für Geflüchtete gilt folgendes:
- Haben Sie eine Aufenthaltserlaubnis als Geflüchtete*r, dann dürfen Sie in der Regel ohne Einschränkungen ein Praktikum machen. Anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte haben für die Dauer ihrer Aufenthaltserlaubnis uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt inklusive Praktika.
- Haben Sie eine Duldung, brauchen Sie eine Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde. Ob Sie diese Arbeitserlaubnis bekommen, ist eine Einzelfall-Entscheidung. Um die Zustimmung zu bekommen, müssen Sie sich zunächst einen Praktikumsplatz suchen und für diesen konkreten Praktikumsplatz dann eine Arbeitserlaubnis beantragen.
- Wenn Sie sich noch im Asylverfahren befinden, benötigen Sie eine Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde. Nach der Asylantragstellung gibt es eine Sperrzeit von drei Monaten, danach können Sie sich bei der Ausländerbehörde um diese Arbeitserlaubnis bemühen. Um die Zustimmung zu bekommen, müssen Sie sich zunächst einen Praktikumsplatz suchen und für diesen konkreten Praktikumsplatz dann eine Erlaubnis beantragen.
Bitte beachten Sie: Wenn Sie eine Duldung oder Aufenthaltsgestattung haben und aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland sind und nach dem 31.08.2015 einen Asylantrag gestellt haben, bekommen sie keine Arbeitserlaubnis für ein Praktikum. Sichere Herkunftsländer sind aktuell: Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Albanien, Ghana, Senegal. Menschen mit Duldung, die ihre eigene Abschiebung verhindern oder denen unterstellt wird, dass sie nur nach Deutschland gekommen sind, um staatliche Leistungen zu erhalten, bekommen ebenfalls keine Arbeitserlaubnis für ein Praktikum
Bei freiwilligen Praktika über drei Monate haben Sie bezüglich Entlohnung, Urlaub und Arbeitszeit dieselben Rechte wie Arbeitnehmer*innen. Das heißt, dass Sie mindestens den Mindestlohn bekommen müssen, zwei Tage pro Monat Urlaub nehmen dürfen und sich Ihre Arbeitszeiten nicht von denen der im Unternehmen angestellten Kolleg*innen unterscheiden dürfen. Mehr dazu finden Sie in unseren Kapiteln "Arbeitsvertrag" und "Arbeitnehmer*innenrechte".
Für Pflichtpraktika gibt es keine gesetzlich vorgeschriebenen Regeln bezüglich Entlohnung und Urlaub. Ihre Arbeitszeiten dürfen aber auch während eines Pflichtpraktikums nicht von den im Unternehmen üblichen Arbeitszeiten abweichen.
Außerdem haben Sie das Recht während Ihres Praktikums nützliche Dinge zu lernen. Wenn Sie also ausschließlich Kaffee kochen oder vor dem Kopierer stehen, sollten Sie mit Ihrem Vorgesetzen sprechen. Wenn sich Ihre Aufgaben danach nicht ändern, können Sie Ihr Praktikum natürlich auch abzubrechen bzw. Ihren Praktikumsvertrag kündigen.
Nach Abschluss Ihres Praktikums haben Sie ein Recht auf ein Praktikumszeugnis. In diesem Zeugnis bescheinigt Ihnen Ihr Praktikumsgeber, dass Sie in seinem Unternehmen für eine bestimmte Zeit bestimmte Tätigkeiten verrichtet haben. Außerdem bewertet er Ihre Leistungen und Ihr Sozialverhalten. Ein Praktikumszeugnis ist ein nützliches Dokument für Ihre Bewerbungsunterlagen.
Schüler- und Pflichtpraktika müssen nicht bezahlt werden. Ihr Praktikumsgeber darf Ihnen aber natürlich Lohn bezahlen. Wenn Sie während eines Pflichtpraktikums Lohn bekommen, ist dieser normalerweise sozialversicherungsfrei. Mehr dazu finden Sie in unserem Kapitel "Sozialversicherungen".
Bei einem freiwilligen Praktikum müssen Sie in der Regel bezahlt werden. Wie viel Sie bekommen, ist allerdings die Entscheidung Ihres Praktikumsgebers. Wenn Ihr Praktikum länger als drei Monate dauert, müssen Sie aber mindestens den Mindestlohn bekommen. Außerdem muss Ihr Praktikumsgeber dann auch Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung für Sie bezahlen. Wenn Ihr Praktikum länger als drei Monate dauert und Sie mehr als 450€ pro Monat bekommen, müssen auch Sie selbst entsprechende Beiträge für die Sozialversicherung bezahlen.
Achtung: Wenn Ihr freiwilliges Praktikum länger als drei Monate dauert und Sie mehr als 450€ pro Monat verdienen, können Sie nicht weiter über eine Familienversicherung krankenversichert sein und müssen eine eigene Krankenversicherung abschließen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Kapitel "Krankenversicherung".
Wenn Sie ein Pflichtpraktikum vor oder während des Studiums absolvieren, haben Sie weiterhin Anspruch auf BAföG. Wenn Sie Lohn bekommen und dieser die festgesetzten Einkommensgrenzen für BAföG übersteigt, werden Sie entsprechend weniger oder kein BAföG bekommen.
Wenn Sie ein freiwilliges Praktikum vor dem Studium absolvieren, können Sie kein BAföG bekommen. Wenn Sie ein freiwilliges Praktikum während der Semesterferien oder als Teilzeitpraktikum während der Vorlesungszeit absolvieren, haben Sie weiterhin Anspruch auf BAföG. Ihr Lohn wird aber auch hier als Einkommen angerechnet und Ihr BAföG entsprechend reduziert. Wenn Sie ein freiwilliges Vollzeitpraktikum während der Vorlesungszeit absolvieren oder für ein freiwilliges Praktikum ein Urlaubssemester nehmen, haben Sie in dieser Zeit keinen Anspruch auf BAföG.
Sie können bei der Bundesagentur für Arbeit oder bei speziellen Webseiten nur für Praktikumsplätze wie www.praktikum.info, www.meinpraktikum.de, www.praktika.de, www.karriere.unicum.de oder www.prabo.de nach Praktikumsplätzen suchen. Dort können Sie Stellenanzeigen für Praktika bei verschiedenen Unternehmen finden. Sie können natürlich auch direkt und initiativ Unternehmen und Organisationen anschreiben und nach einem Praktikumsplatz dort fragen.
Für einen Praktikumsplatz müssen Sie in der Regel noch keine Berufserfahrungen vorweisen. Wichtig ist, dass Sie interessiert und motiviert sind. Wie Sie sich am besten bewerben, erfahren Sie in unserem Kapitel „Arbeitssuche und Bewerbung“.
Wenn Sie einen Praktikumsplatz gefunden haben, empfiehlt es sich einen Praktikumsvertrag mit Ihrem Praktikumsgeber abzuschließen. Ein Praktikumsvertrag ist allerdings nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Bitte beachten Sie: In den meisten Unternehmen und Organisationen in Deutschland wird Deutsch gesprochen. Manchmal genügt es, wenn Sie Englisch sprechen können. Für die meisten Praktikumsplätze ist es aber wichtig, dass Sie gut Deutsch sprechen. Es gibt viele Möglichkeiten Deutsch zu lernen bzw. Ihr Deutsch zu verbessern. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie auf unserer Kategorieseite „Bildung".
Ja. Allerdings müssen die Arbeitsagentur bzw. das Jobcenter zustimmen. Das wird in der Regel dann getan, wenn davon ausgegangen wird, dass das Praktikum zu einer sozialversicherungspflichtigen Anstellung führt. Wenn Ihr Praktikum nicht bezahlt wird, können Sie auch weiter Arbeitslosengeld bekommen. Wenn Ihr Praktikum mit mehr als 100€ (bei Bürgergeld) bzw. mehr als 165€ (bei Arbeitslosengeld I) bezahlt wird, wird Ihr Einkommen auf Ihr Arbeitslosengeld angerechnet und Ihr Arbeitslosengeld entsprechend reduziert.
Praktika sind sehr nützlich. Nachdem Sie einige Erfahrungen sammeln konnten, sollten Sie aber versuchen einen Arbeitsplatz zu finden statt weitere Praktika zu absolvieren. Einige Unternehmen nutzen Praktikanten als günstige Arbeitskräfte. Wenn Sie die gleichen Aufgaben wie ein*e Angestellte*r erledigen, sollten Sie Ihren Praktikumsgeber nach einem festen Arbeitsvertrag fragen.
Auf Berufenet finden Sie eine Datenbank über alle Berufe mit ausführlichen Beschreibungen.
Der Jugendmigrationsdienst (JMD) berät deutschlandweit Jugendliche und junge Erwachsene unter 27 Jahren und deren Eltern in mehreren Sprachen.